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AutorenbildPro Pferd

Trifft die nächste Pandemie das Pferd?

Das Herbstseminar von Pro Pferd widmet sich unter anderem Erkrankungen in der Schweizer Pferdepopulation. Noch gehört das West-Nil-Fieber nicht dazu.


Eine Umfrage der «NZZ am Sonntag» hat es im Mai gezeigt: Reiten ist dank Corona zu einem beliebten Sport aufgestiegen. «Viele Leute entdeckten das Reiten, weil sie im Lockdown sonst wenig machen konnten», sagt Felix Graf vom Reitsportzentrum St. Jakob in Bättwil der Zeitung, und Andrea Jegen vom Reitzentrum Forch fügt an: «Bei uns meldeten sich Wiedereinsteiger, die als Kind oder Jugendliche bereits geritten sind und während des Lockdowns eine sportliche Tätigkeit suchten.» Doch was machen wir, wenn die nächste Pandemie-Welle nicht uns Menschen, sondern das Pferd trifft? Am Herbstseminar von Pro Pferd wird am 16. Oktober auch über Erkrankungen beim Pferd referiert. So richtet Hannah Junge, Oberärztin an der Klinik für Pferdemedizin der Universität Zürich, den Blick auf die in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit erkennbaren Krankheiten Herpes und Druse sowie auf West Nil – auf ein Virus, das in der Schweizer Pferdepopulation bisher noch nicht festgestellt worden ist.



Viren kennen keine Grenzen, das zeigt Covid-19 nur zu deutlich. Deshalb wird erwartet, dass das West-Nil-Virus, kurz WNV, bald auch die Schweiz erreicht. Wie der Name vermuten lässt, stammt das WNV ursprünglich aus Afrika. 1937 wurde es im West-Nil-Distrikt in Uganda erstmals festgestellt. Rund 25 Jahre später trat WNV erstmals in Europa auf (Frankreich), jüngst ist das Virus auch im Osten von Deutschland und Österreich sowie in Italien nachgewiesen worden. WNV gehört zur Gruppe der Flaviviren und wird durch Mücken oder Zecken übertragen.


Menschen wie Pferde und Hunde oder Katzen können betroffen sein, aber auch Vögel zeigen Symptome. Am Tierspital Zürich ist WNV deshalb nicht einzig im Departement Pferde ein Thema. In der Abteilung für Veterinärbakteriologie und Geflügel- und Kaninchenkrankheiten hat Barbara Vogler in einer aktuellen Studie über 1300 Proben von Hausgeflügel und Wildvögeln untersucht und dabei noch keine Antikörper gegen WNV finden können. Weil das Virus aber hauptsächlich durch Stechmücken der Gattung Culex übertragen wird, die auch in der Schweiz heimisch sind, dürfte sich dies dereinst ändern. Zumal die Mücken milde Winter überstehen und feuchte Sommermonate schätzen.


Vögel sind die wichtigsten Wirte der blutsaugenden Stechmücken. Sowohl Pferd wie Mensch können sich nach einem Stich mit dem West-Nil-Virus infizieren, sie gelten aber als sogenannte «Fehlwirte». Das heisst, das Virus kann sich innerhalb der Organismen Pferd oder Mensch nicht genügend vermehren, um einen anderen Organismus, als ein anderes Pferd oder einen anderen Menschen, damit zu infizieren. Daher sind Pferde und Menschen nicht ansteckend. Dennoch ist WNV alles andere als harmlos. Das Virus löst sowohl beim Menschen wie beim Pferd eine fiebrige Erkrankung aus, die vergleichbar mit einer Grippe ist. Deshalb ist vom West-Nil-Fieber die Rede. Die Erkrankung heilt bei rund zwei Dritteln der infizierten Pferde ohne Komplikationen aus, bei etwa einem Drittel der Betroffenen kann sie jedoch zu einer Schädigung des Nervensystems und zu schweren neurologischen Verläufen mit einer Entzündung des Gehirns (Enzephalomyelitis) und des Rückenmarks führen, in extremis sogar zum Tod. Beim Menschen sind Gehirn- und/oder Hirnhautentzündung möglich.


Pferde, die vom WNV betroffen sind, zeigen ganz unterschiedliche Symptome: Ataxie (unkoordinierter Gang), Schwanken bis zum Umfallen, Festliegen, extreme Schwäche, Muskelzittern, Gesichtsasymmetrie, Verhaltensänderung. In solchen Fällen sollten umgehend die Tierärztin und der Tierarzt beigezogen werden, die eine klinische und eine neurologische Untersuchung durchführen können. Basierend auf dem jeweiligen Befund wird sodann ein spezifischer Behandlungsplan erstellt. Wie bei Covid-19 spielt beim WNV die Impfung eine wichtige Rolle, ebenso ein guter Schutz. Mögliche Insektenbrutstätten (Abfall, stehendes Wasser) sind zu reduzieren, die Pferde während der Flugzeiten der Mücken (Dämmerung) einzustallen, Lichtquellen in der Nacht abzuschalten und in den Stallungen Nistmöglichkeiten zu bieten für Insekten fressende Vögel.


Trifft die nächste Pandemie das Pferd? Dank guter Information und richtiger Prävention ist dies hoffentlich zu verhindern, noch bevor das West-Nil-Virus die Schweiz erreicht.

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